Kommen Sie mit auf eine kleine Zeitreise zu den Basalten der Eifel. Wir springen in die Zeit vor 200.000 Jahren. Nahe der heutigen Stadt Mendig bebt die Erde, der Boden beult sich auf. Magma drückt von unten aus der Tiefe nach oben. Und dann rumst es gewaltig und ein Vulkan bricht aus. Ein Schlackenvulkan baut sich auf. Er keift und wütet und spuckt erhebliche Mengen Lava aus. Zwei große, dicke Strome von Basaltlava quellen und schieben sich aus seinem Schlund und ergießen sich großflächig nach Westen. Danach sieht die Gegend aus wie eine Mondlandschaft und ist bis zu 20 Meter mit Basalt bedeckt.

In der Umgebung brechen weitere Vulkane aus, so zum Beispiel die Gruppe der Wannenberg-Vulkane nahe Ochtendung und die Gruppe der Bellenberg-Vulkane nahe Mayen. Die Umgebung der heutigen Städte Mendig und Mayen wird mit Basaltlava geflutet.

Was hat der Wingertsberg mit dem Laacher-See-Vulkan zu tun?

Vor 200000 Jahren brachen in der Eifel viele Basaltvulkane aus

Vulkanausbrüche

Die Lavaströme erstarren zu festem Basaltgestein. Dann gehen viele Tausend Jahre ins Land. Bis vor 12.900 Jahren nur zwei Kilometer vom Wingertsberg entfernt der Laacher-See-Vulkan ausbricht. In einer großen Explosion werden gigantische Mengen an vulkanischen Schlacken, Aschen, Glutlawinen und Bims herausgeschleudert. Die ganze Umgebung und auch der Wingertsberg verschwinden unter den Glutlawinen, den Tuffen und Bimsen. Selbst heute ist diese Tuffstein- und Bimsschicht an vielen Orten noch rund 20 Meter hoch. Zumindest dort, wo die Bauindustrie das Material noch nicht abgebaut hat. An der rund 40 Meter hohen Wingertsbergwand kann man die Abfolge der Auswürfe  studieren. Die Wingertsbergwand ist heute ein Naturdenkmal.

Basaltblöcke

Basaltblöcke

Zurück zum Basalt. Reisen wir erneut in der Zeit und beamen uns in die Jungsteinzeit vor 7.000 Jahren, also in das Jahr 5.000 Jahre v. Chr. Meschen sind hier in der Umgebung sesshaft geworden. Ihre Werkzeuge sind zu einem großen Teil aus Stein. Der Basalt ist perfekt zum Zerreiben von Getreide. Die Menschen nutzen vor allem große umherliegende Gesteinsblöcke und anstehende Felsen, um Basalt zu brechen und zu bearbeiten. Und in Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende werden die Reibesteine immer besser.

Basalt für die Rundmühlen

römische Getreidemühle aus Basalt

Getreidemühle aus Basalt

Weitere rund 5.000 Jahre später, also um die Zeitenwende, sind die Römer in Germanien. Auch die Römer haben ein Auge auf den Basalt der Gegend geworfen. Die römischen Baumeister erkennen schnell die Qualität des Materials: Es ist hart, stabil und hervorragend geeignet für besondere Bauvorhaben – und für Mühlsteine. Der Abrieb beim Mahlen von Getreide ist gering. Wer hat beim Essen schon gerne Steinsand zwischen den Zähnen! Mit Basaltmühlen lässt sich Getreide mahlen, ohne dass der Getreidebrei oder das Mehl am Ende zwischen den Zähnen knirschen. Die runden Mühlsteine und Rundmühlen der Römer sind ein Kassenschlager. Sie werden laut Literatur bis nach Schottland gehandelt.

Die Römer bauen den Basalt dort ab, wo er an der Oberfläche zugänglich ist. Zeitweilig arbeiten mehrere Hundert römische Arbeiter in den Basaltsteinbrüchen um Mayen. Der Basalt des Mendiger Wingertsberges dagegen ist immer noch unter viel Bims und Asche verborgen. Am Bims haben die Römer jedoch kein Interesse.

Maulwürfe, schlaue Füchse und hartgesottene Gesellen

Modell des unterirdischen Basaltabbaus in den Lavakellern vom Mendig

Modell der Lavakeller von Mendig

Jahrhunderte später sind die Römer abgezogen. Mühlsteine sind jedoch noch immer interessant. Die Eifeler entwickeln die runden Mühlen weiter. Man weiß, dass etwa seit dem Mittelalter, die Eifeler „Leyer“ in die Basaltschichten bei Mendig und Mayen Stollen und Schächte schlagen. Das gebrochene Material tragen vielfach Frauen nach oben. Die großen Stücke und Basaltsäulen holen die Bergleute durch Seilzüge und schlotartige Schächte nach oben. Daraus meißeln sie Bausteine und Mühlsteine. Am Ende haben sie sich wie die Maulwürfe durch den Basalt gebohrt und gegraben und die Umgebung ist auf einer riesigen Fläche regelrecht untertunnelt.

Die tiefsten Bierkeller der Welt

Irgendwann können sie nicht mehr weitermachen. Es besteht die Gefahr, dass alles zusammenstürzt. Außerdem bricht das Geschäft mit den Mühlsteinen ein. Die Industrie hat inzwischen neue Mühlen entwickelt, ganz ohne Basalt.
Da locken die Basalthöhlen eine andere Berufsgruppe an: Die Bierbrauer. Kühlschränke kennt man noch nicht. Deshalb sind die Stollen und Hohlräume mit einer gleichbleibend niedrigen Temperatur von 6-9 Grad ein Glücksfall und ideal zur Lagerung von Bier. Zu jener Zeit lagern 29 Brauereien aus ganz Deutschland hier ihre Biere ein. Bis eines Tages auch damit Schluss ist. 1876 erfindet ein gewisser Herr Linde den Kühlschrank. Nun brauchen die Brauereien keine Basalthöhlen mehr.

Die Fledermäuse kommen

Wir sind noch nicht am Ende der Geschichte. Denn diese kühle, dunkle Basalthöhlen-Behausung spricht sich auch unter den Fledermäusen herum. Und sie kommen. Zu Tausenden. Jedes Jahr im Spätherbst fliegen bis zu 14 verschiedene Arten in die Mendiger Lavakeller und in die zum Teil eingefallenen Stollen im Mayener Grubenfeld und überwintern hier. Man vermutet, dass es zwischen 50.000 und 100.000 Fledermäuse sind.

Führung durch den Lavakeller von Mendig. Ein erkalteter Basaltlava-Strom

Im Lavakeller von Mendig

Und noch eine Gruppe folgt dem Lockruf des Basalts: Die Touristen! Genau wie ich auch. Das Mayener Grubenfeld mit den großen Felswänden und der Lavakeller mit seinen Höhlen und Stollen unter der Stadt Mendig sind Attraktionen. Im Mendiger Lavakeller wurden Teile der Unterwelt stabilisiert, mit etwas Licht ausgestattet. Duster und geheimnisvoll erstreckt sich die hohle Unterwelt der Mendiger Lavakeller über mehrere Quadratkilometer. Teile davon kann man mit einer Führung besichtigen. Alleine wäre Sie in dem Labyrinth der Stollen und Gänge verloren. Ziehen Sie bequeme Schuhe an, bringen Sie eine Taschenlampe und eine Jacke mit, dort unten ist es etwas uneben, dunkel und kühl. Einen Schutzhelm erhalten Sie vor Ort. Und dann geht es auf einer engen Treppe etwa 150 Stufen hinab in den Bauch des erkalteten Lavastroms. Jetzt stehen wir in einem schwach beleuchteten 200.000 Jahre alten Basaltstrom. Beziehungsweise in dem, was davon übrig ist.

Die Mendiger Unterwelt

Es ist duster im Lavakeller, der Fels rundherum dumpf-schwarz. An einigen Stellen sehen Sie säuligen Basalt. Wenn Sie mit einer Lampe an die Decke leuchten, sehen Sie die 5-kantigen Querschnitte der angeschnittenen Basaltsäulen, fast wie eine Kassettendecke. Einige mächtige Pfeiler haben die Bergbauer stehengelassen. Und das ist gut so. Denn über der Decke des Mendiger Höhlensystems liegt ja noch immer eine zig Meter hohe Bimsschicht.

Übrigens, wenn es Ihnen dort unten in dem schummrigen Ambiente gefällt: Heiraten können Sie hier auch. Vielleicht finden Sie die Präsenz der Fledermäuse noch besonders prickelnd.

Reisen wir zurück ins Tagesgeschäft, ins Licht und in die Gegenwart.Wenn ich Sie neugierig gemacht habe, dann schauen Sie mal vorbei. Die Museen Lava-Dome in Mendig und Terra Vulcania in Mayen sind spannende, multimediale Museen, in denen Sie alles anfassen und ausprobieren können. Im Museum Terra Vulcania in Mayen gehört zur Führung auch die Besichtigung der Steinbrüche im Mayener Grubenfeld hinter dem Museum. Die Führung durch die unterirdischen Lavakeller des Wingertsberges können Sie im Museum Lava-Dome in Mendig buchen. Einen kleinen Eindruck der Mühlstein-Produktionsorte und der Faszination des Basaltes erhalten Sie auch in meinen kurzen Film über den Lockruf der Basalte von Mendig und Mayen.

Hinweis: Die Darstellung der Vulkanausbrüche ist eine Vorstellung und Interpretation davon, wie es gewesen sein könnte. Beim Ausbruch war ja niemand dabei, der darüber hätte berichten können. Vor 200.000 Jahren waren – wenn überhaupt – wahrscheinlich nur einige wenige Neandertaler in der Gegend. Das, was wir kennen, sind die Gesteine und Ablagerungen und die Spuren des Abbaus und der Verwendung in den letzten Jahrtausenden.

Zum Abspielen einfach auf das Bild klicken. Viel Spaß!